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Brexit – der momentane Stand

Am 23. Juni 2016 hat eine knappe Mehrheit der Briten für den Brexit, also für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Nach zähen Verhandlungen über drei wichtige Aspekte des Austritts (finanzielle Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs, die Grenze zwischen Nordirland und Irland sowie die zukünftigen Rechte von EU-Bürgern im Vereinigten Königreich und der Bürger des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union) sind die Verhandlungen nunmehr in die zweite Phase eingetreten, in der über die zukünftigen Beziehungen des Vereinigten Königreichs und der EU verhandelt werden soll, sowie über eine eventuelle Übergangsphase nach dem EU-Austritt am 29.März 2019 [BBC:“No turning back on Brexit as Article 50 triggered“].

Der Brexit wird auf Unionsmarken, Gemeinschaftsgeschmacksmuster und Europäische Patente unterschiedlich starke Auswirkungen haben, die zum Teil von den weiteren Verhandlungen insbesondere in den nächsten 15 Monaten abhängen. Der heutige erste Teil dieser Reihe befasst sich mit den Folgen für Unionsmarken.

Unionsmarken

Die Unionsmarke ist nur in den Mitgliedsstaaten der EU wirksam (Artikel 1, Abs. 2 UMV). Verlässt das Vereinigte Königreich die EU, verlieren auch alle eingetragenen Unionsmarken und Internationale Marken mit Benennung der EU im Vereinigten Königreich ihre Wirksamkeit [Mitteilung des EUIPO vom 01.12.2017]. Auch dürften britische Anwälte wohl künftig nicht mehr vor dem EUIPO auftreten und als Vertreter für Unionsmarken agieren (Artikel 120 UMV).

Ob und in welcher Form sich das Vereinigte Königreich mit der EU bzgl. des Umgangs mit älteren Unionsmarken und Unionsmarkenanmeldungen einigen wird ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig unklar. Zwei Szenarien erscheinen momentan vorstellbar:

  1. Keine Vereinbarung
    Sollten sich das Vereinigte Königreich und die EU nicht auf eine Sonderregelung für Unionsmarken einigen, so verlieren diese zum Austrittszeitpunkt ihre Wirkung im Vereinigten Königreich. Der Markeninhaber ist dann gegebenenfalls gezwungen eine zusätzliche nationale Marke im Vereinigten Königreich anzumelden, wobei diese jedoch nicht den älteren Zeitrang der Unionsmarke teilt, sondern als komplett neue Markenanmeldung gilt. Aus dem Letzteren können für den Markeninhaber Risiken entstehen, wenn bspw. ein Konkurrent zwischenzeitlich ein ähnliches oder sogar identisches Zeichen im Vereinigten Königreich angemeldet hat.
  2. Vereinbarung über das Recht zur Umwandung
    Das Vereinigte Königreich und die EU könnten sich auf eine Übergangsregelung für Unionsmarken einigen, die es erlaubt, den „Britischen Teil“ der Unionsmarke in eine neue nationale Marke im Vereinigten Königreich umzuwandeln ohne den Zeitrang der Unionsmarke zu verlieren. Aus einer im Jahr 1998 angemeldeten EU28-Unionsmarke könnte dann eine EU27-Unionsmarke sowie eine nationale Marke im Vereinigten Königreich hervorgehen, die beide den Zeitrang des Jahrs 1998 hätten. Ein solches Verfahren könnte beispielsweise vergleichbar zum in der Unionsmarkenverordnung bestehenden Verfahren der Umwandlung einer Unionsmarke in nationale Marken (Artikel 139-141 UMV) ausgestaltet sein, ohne jedoch die ursprüngliche Unionsmarke aufzugeben.

Es sei darauf hingewiesen, dass das Szenario „keine Vereinbarung“ nicht gleichzusetzen ist mit einem „no deal“ – Brexit ohne jede Vereinbarungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. So ist es durchaus vorstellbar, dass die oben genannte Problematik aufgrund von Zeitmangel (insbesondere infolge der Britischen Verhandlungstaktik) nicht abschließend geklärt wird, falls zu viele andere Themen unter Zeitdruck als wichtiger erachtet werden. Weiterhin sind auch andere Szenarien der Umwandlung der Unionsmarken vorstellbar und es wurde nur ein naheliegendes Szenario diskutiert. Es erscheint jedoch sehr wahrscheinlich, dass auf die Inhaber von Unionsmarken zusätzliche Kosten zukommen, wenn sie ihren Markenschutz im Vereinigten Königreich aufrecht erhalten wollen.